Ich werde oft gefragt, woher eigentlich meine große Liebe für Hunde kommt. Schließlich dreht sich bei mir privat und beruflich sehr viel um den besten vierbeinigen Freund des Menschen. Ob Ernährung, Gesundheit oder Erziehung – ich bin inzwischen eine richtige Hunde-Expertin geworden. Das liegt wohl auch daran, dass ich mir mein Zuhause mit dem verrücktesten, aber auch großartigsten Continental Bulldog Rüden El Carlos teile. Trotz meiner Erfahrung und meines Wissens stellt er mich immer wieder vor Rätsel und Herausforderungen, denen ich mich stellen muss. Ein Leben ohne Hund? Kann ich mir nicht vorstellen! Seit ich das Licht der Welt erblickte, wuchs ich mit Hunden auf, spielte und lebte mit ihnen. Ich wusste diese treuen Wesen als kleines Kind jedoch nicht mal ansatzweise so zu schätzen, wie ich es heute tue. Ich erinnere mich an diesen einen prägenden Moment, der aus einem kleinen normalen Mädchen eine unwiderrufliche und bedingungslose Dogloverin machte. Es war der Tag, an dem unsere Familienhündin Cara Nachwuchs bekam.
Alles begann an einem kühlen Frühlingsmorgen. Singdrosseln und Stare waren aus ihren Überwinterungsgebieten zurückgekehrt und verstärkten das früh-morgendliche Vogelkonzert. Die Sonne schien hell und freundlich durch die Fenster. Eigentlich ein schöner und friedlicher Tag. Ich war fünf Jahre alt und super stolz, dass ich mich seit kurzem als waschechte Vorschülerin betiteln durfte. Geweckt vom Balzgesang und dem grellen Licht, ging ich hinunter ins Wohnzimmer und begrüßte unsere dreijährige Golden Retriever Hündin Cara. Sie war eine zauberhafte, ruhige und besonnene Hundedame – konnte aber ohne Ankündigung zum abenteuerlichen Wildfang mutieren. Klassische Zäune waren für den flinken Vierbeiner eine Lachnummer. Ob unterdurch gebuddelt oder elegant wie ein Reh hinüber gesprungen – Cara war entschlossen die Welt gelegentlich auf eigene Faust zu erkunden. Für uns waren ihre Ausflüge, in denen wir voller Angst und Sorge die ganze Gegend absuchten, weniger spaßig. Zum Glück kam sie meist irgendwann schwanzwedelnd wieder angedackelt oder schaute stolz von der Rückbank des Polizeiwagens, in dem sie nach Hause chauffiert wurde. Die Zäune rund um unser Grundstück wurden verstärkt und Cara blieb lange Zeit abenteuerfrei - wir dachten die rebellische Phase wäre endgültig vorbei. Auch an diesem Morgen hatte Cara, die mit ihrem hellblonden Fell wie eine kleine Schneeflocke aussah, ihren unschuldigen Hundeblick aufgesetzt und genoss meine Streicheleinheiten. Ob sie da wohl schon ihren Plan ausgeheckt hatte?
Eine Mutter spürt so etwas...
Als mich meine Mutter am Nachmittag von der Vorschule abholte, sah ich es direkt in ihrem Blick: Irgendwas war passiert. Sie sagte nur: „Wir müssen schnell los, die anderen sind schon auf den Fahrrädern unterwegs, Cara ist weg.“ Doch dieses Mal war es keine Abenteuerlust, die Cara zum Weglaufen bewegte - sie war in der heißen Phase ihrer Läufigkeit. Es dauerte zum Glück keine halbe Stunde, da kam schon mein Vater mit Cara im Schlepptau den Waldweg zum Haus entlang geradelt. Wir konnten durchatmen. Die nächsten Tage und Wochen verliefen ganz normal und der Gedanke, unsere Hündin könnte sich bei ihrem Ausflug wohl mit einem Rüden vergnügt haben, rückte immer weiter in den Hintergrund. Bis eine Freundin meiner Mutter standhaft behauptete Cara hätte auffällig zugenommen. Sie riet uns – nur vorsichtshalber – zum Tierarzt zu gehen. Beim Tierarzt angekommen, wurde sie gleich zum Abhören auf den Tisch gehoben und meine Mutter sagte nur ganz entspannt: „Cara ist nicht schwanger, ich bin Mutter und eine Mutter spürt so etwas.“ Der Tierarzt lachte und erwiderte augenzwinkernd: „Na, sie sind aber eine tolle Mutter – ich höre mindestens 6 Herzen schlagen.“ Geschockt, aufgeregt, beflügelt, verwirrt, und noch mit 20 weiteren Gefühlen im Bauch verließen wir die Praxis.
Hoffnung auf einen guten Männergeschmack
In den nächsten Wochen wurde aus unserer kleinen Schneeflocke eine gigantische Schneekugel und wir bereiteten das Haus auf den Nachwuchs vor. Mein Vater – König aller Heimwerker, baute eine riesige Wurfkiste mit allem drum und dran und aus dem Arbeitszimmer wurde ein Welpen-Paradies. Die Nachricht unserer schwangeren Hündin hatte sich in der ganzen Nachbarschaft herumgesprochen und alle hatten sich auf die Mission verständigt, den Vater der Welpen zu finden. Schließlich sind Hundedamen in der heißen Phase meist nicht besonders wählerisch – wir konnten also nur auf eine schöne und gesunde Verpaarung hoffen. Es dauerte nicht lange, da hatte unsere Nachbarin Ulli tatsächlich den Verantwortlichen entlarvt. Thank God! Cara hatte sich mit dem schönsten Rüden der Nachbarschaft gepaart: Dem großen, stattlichen Rhodesian Ridgeback Rüden Django. Seine Besitzerin erzählte, dass am vermeintlichen Tag bei ihrem Spaziergang durch den Wald plötzlich eine Golden Retriever Hündin aus dem Gebüsch gelaufen kam und ihrem Rüden schöne Augen machte. Django fackelte nicht lange und nutzte diese einmalige Gelegenheit. Sein Frauchen hatte noch versucht die beiden zu trennen, aber keine Chance. Djangos Besitzerin wollte unbedingt nach der Geburt einen der Welpen bei sich aufnehmen.
Die Geburt der Hundewelpen
Cara sah bald aus, als würde sie platzen. Und das tat sie eines Morgens buchstäblich auch. Unruhig lief unsere dreijährige Hündin in der Geburtskiste hin und her. Und dann, ganz plötzlich, erblickte der erste kleine Welpe das Licht der Welt. Jeder neugeborene Welpe ist von einer eigenen Fruchtblase bzw. dem Amnion umschlossen, den die Hündin für gewöhnlich aufbeißt. Cara war jedoch noch völlig unerfahren und verunsichert - ihr Instinkt setzte aus und der Welpe drohte in seinem dünnen Amnion zu ersticken. Ich bekam Angst, nahm die kleine Blase mit dem Welpen in die Hand und rief panisch: „Holt ihn raus, holt ihn raus!“ Meine Mutter schnitt kurzer Hand mit der Schere ein Loch hinein. Uns kam ein winzig kleiner, etwas glitschiger und unverkennbar männlicher Körper entgegen. Er glich viel eher einem Maulwurf als einem Hund. Die Augen waren fest geschlossen, er war wohlauf und atmete frei. Und das war dieser eine ganz besondere Moment, der mein Herz zum Überlaufen brachte. Wir hatten dieses kleine Wesen mit auf die Welt gebracht und gerettet.
Die Geburt verlief ohne weitere Komplikationen und mit jedem neuen Welpen wurde mein Glück größer. Meine Mutter hatte mich zuvor gewarnt, dass meist nicht alle Welpen die Geburt oder die erste Zeit danach überleben würden und ich war auf das Schlimmste vorbereitet. Umso mehr kämpften wir um jedes einzelne Hundeleben und taten alles was in unserer Macht stand, um unsere tapfere Hundemama zu unterstützen. Sie war heroisch und voller Vertrauen. Wir hätten nicht stolzer sein können. Nach 10 langen Stunden war die für uns alle sehr anstrengende Geburt vorbei. Gemeinsam hatten wir es geschafft alle Welpen lebendig auf die Welt zu bringen. 8 kleine Maulwürfe krochen nun durch die Wurfkiste auf der Suche nach der vollsten Zitze.
Die Hundewelpen hatten den klassischen Rhodesian Ridgeback Iro auf dem Rücken. Die meisten waren schwarz oder dunkelbraun. Zwei Welpen stachen ganz besonders hervor – ihr Fell war braun-schwarz gestromt. Wir nannten sie Tigger und Tigger Two. Den Erstgeborenen und Größten, mit schwarzem glänzenden Fell, nannten wir Mio, weil ich zu der Zeit gerade das Buch “Mio mein Mio“ von Astrid Lindgren las. Zu ihm hatten wir eine ganz besondere Bindung, da wir ihn eigenhändig aus seiner kleinen Blase geschnitten hatten. Er gehörte von nun an zu unserer Familie. Seine drei Schwestern bekamen die Namen: Lili, Rose, und Happy. Seine Brüder: Otto und Paul.
Und plötzlich hieß es Abschied von den Welpen nehmen
In den nächsten Wochen verbrachte ich jede freie Minute mit den Hundebabys. Abends sang ich den Kleinen Schlaflieder vor, manchmal schlief ich dabei selbst mitten in der Wurfkiste ein. Nach einer Weile roch ich mehr nach Welpe, als nach Kind. Ich liebte meine kleinen Maulwürfe und doch wusste ich, der Tag würde kommen, an dem ich Lebewohl sagen musste. Ich versuchte meine Eltern tagtäglich zu überreden alle Hundewelpen zu behalten – leider und verständlicherweise ohne Erfolg. Mit acht Wochen zogen die Welpen in ihr neues Zuhause, zu ihren neuen Familien. Und sieben Mal musste ich tränenreich Abschied nehmen. Die gute Nachricht war jedoch: Wir konnten alle Welpen im Bekanntenkreis vermitteln. Und – Mio mein Mio blieb sein Leben lang bei uns. Wir brachten ihn auf die Welt und 11 Jahre später zur Regenbogenbrücke.
Wer hätte gedacht, dass Caras kleiner Ausflug so ein großes 8-köpfiges Glück bedeuten würde. Unsere kleine Ausreißerin schenkte uns nicht nur einen wundervollen Hund, sondern auch ein unvergleichliches und unvergessliches Erlebnis. Jeder einzelne Tag dieses tierischen Abenteuers war ein absoluter #wwmoment für sich. Momente, die mir bis heute ein Lächeln ins Gesicht und ganz viel Liebe ins Herz zaubern. Momente, die ich nicht nur mit meiner Familie teilen durfte, sondern mit meinen geliebten Vierbeinern.
Von Louisa Knoll